Rhonchopathie: Ist die decapitatio der Uvula wirklich das non plus ultra?
In den letzten zehn Jahren werden immer mehr Rhonchopathieoperationen durchgeführt, wobei die Lasertechnik vermehrt Anwendung findet. Die Ergebnisse der ersten Jahre aus den großen Kliniken waren alles andere als ermutigend. Nur wenige Patienten habe ich gesehen, die wirklich voll zufrieden waren. Das eigentliche Schnarchen mag sich in vielen Fällen gebessert haben, aber für welchen Preis. Nebenwirkungen oder Folgen sind beispielsweise:
- lästige Mund und Rachentrockenheit,
- ständiges Gefühl eines Schleimpfropfes im Nasen-Rachen-Raum,
- Globusgefühl,
- Rhinolalia aperta,
- fehlende Uvula,
- Schlussinsuffizienz des Velums mit „Überschlucken“
- miserables optisches Ergebnis, wie „ausgeweidet“.
Jede einzelne dieser Beschwerden oder Folgen reicht aus, um die Lebensqualität erheblich einzuschränken.
Vorbemerkung zur Physiologie
Die schleimhautumzogene Uvula – als Stiefkind unseres Faches – wird immer nur als entwicklungsgeschichtliches Relikt dargestellt. Es verstärkt sich mir immer der Eindruck, dass sie beim Schluckakt eine durchaus sinnvolle Abstreif- bzw. „Fegefunktion“ für den Schleim der Rachenhinterwand haben muss und somit Bestandteil eines beschwerdefreien
Schluckens ist. es mich immer wieder, wenn nach einer Tonsillektomie, auch nach noch so großem Bemühen zur Schonung und Erhalt der Gaumenbögen, diese postoperativ verwachsen und vernarben. In einigen Fällen waren die ehemaligen Tonsillenlogen später nur noch andeutungsweise zu erkennen. Man kann hieraus rückschließen, dass eine enorme Dynamik und Vernarbungstendenz im Bereich des weichen Gaumens vorliegen muss.
Prinzip des Schleimhauterhalts
Die Überlegung geht nun dahin, diese Vernarbungstendenz therapeutisch zu nutzen, um die bei Rhonchopathiepatienten erhobenen Befunde des zu schlaffen und lockeren Gaumensegels zu beheben. Eine Schleimhaut- und Muskelresektion mit Naht zur Straffung und Volumenreduzierung des Gaumensegels vermeide ich tunlichst, um keine narbigen Überreaktionen auszulösen. Statt dessen wird eine Schleimhautinzission mit mehr oder weniger starker submuköser Unterminierung durchgeführt, wie wir sie von der Tonsillektomietechnik her kennen. Die von selbst eintretende Vernarbung reicht in der Regel für den gewünschten Stabilisierungseffekt aus – unter Schonung der, für das Wohlbefinden des Patienten, so wichtigen Schleimhautoberfläche. Die Tonsillen, falls noch vorhanden und klinisch unauffällig, belasse ich.
Vorgehen
Wie beim Gaumenbogenschnitt zur Tonsillektomie setze ich am basalen Rand des vorderen Gaumenbogens mit Schere, Messer oder mit Vorliebe mit dem „Henkel“ des Tonsillenelevatoriums nach Henke eine Inzission, die ich parallel zum Gaumenbogenrand bis zum Uvulaansatz durchziehe. Je nach Ausmaß und Befund des Gaumensegels erfolgt eine zweite parallele, gleichgroße oder kleinere Inzission mit entsprechend stumpfer submuköser Unterminierung mit dem Henke-()-Elevatorium. Bei schlaffem hinteren Gaumenbogen kann das Vorgehen hier wiederholt werden.
Die Uvula wird um ein gutes Drittel gekürzt. Nach meinen Erfahrungen reicht hier ein einfaches Absetzen nach Unterbindung mit der Roeder-Schlinge ohne aufwendiges plastisches Vorgehen am Stumpf. Ist der Uvularest noch sehr breitbasig oder von sehr lockerer Konsistenz, erfolgt eine kleine Querinzission am Uvulaansatz. Das Verfahren ist ohne weiteres in örtlicher Betäubung, auch ambulant, durchzuführen.
Ergebnisse
Als niedergelassener HNO-Arzt ist der Erfolg oberstes Prinzip, nicht die lehrbuchgetreue Operationstechnik. Das Wohlbefinden des Patienten nach einer Operation ist entscheidend, und dieses Kriterium ist nach dem beschriebenen konventionellen Vorgehen voll gegeben. Ich kann als Belegarzt aus organisatorischen und ethischen Gründen natürlich keine Statistiken vorlegen.
Schon vor mehr als 15 Jahren habe ich bei Schnarchpatienten nach Septumplastik quasi nebenher entsprechende Gaumenbogeninzissionen und Uvulaverkürzungen vorgenommen. Den Begriff Rhonchopathie, muss ich bekennen, kannte Ich damals noch gar nicht, geschweige denn eine entsprechende Gebührenordnungsnummer. In den letzten Jahren führte ich die Eingriffe gezielter und bewusster durch . In zwei Drittel meiner behandelten Fälle findet sich eine deutliche Besserung des Schlaf- und Schnarchverhaltens, darunter auch mehrere Fälle von Schlafapnoe. Das muss nicht bedeuten, dass das eigentliche Schnarchen vollkommen verschwunden sein muss. In knapp einem Drittel der Fälle konnte ich keine Besserung erzielen. Hier sind aber durch die beschriebene schonende, konventionelle Technik bei der Erstoperation keinerlei Wege und Möglichkeiten für einen eventuellen zweiten Eingriff verbaut. Keinem meiner operierten Patienten ist es aber – von unmittelbaren postoperativen Beschwerden nach dem Eingriff abgesehen – schlechter gegangen als vorher, und bei keinem mußte ich Nebenwirkungen, wie sie oben angeführt wurden, in Kauf nehmen.
Beitrag aus „HNO-Nachrichten“ Nr. 2/98